Vision von (Zusammen-)arbeit während und nach Corona. Eine neue Währung – Menschlichkeit (und woran sie scheitert)

Die Logik, was sich finanziell am Besten «rendiert», kreiert auf dem Arbeitsmarkt (schon dieses Wort ist rein wirtschaftlicher Natur) schlimmstenfalls eine graue Masse ähnlicher Lebensläufe, wo einzig Diplome ausschlaggebend für die Kredibilität der Arbeitnehmerin sind (die Motivationsschreiben werden von der Arbeitgeberin höchst überflogen).

Um mehr Kreativität und Eigenständigkeit in den Berufsalltag zu bringen, ist eine neue Art der Vernetzung gefragt: Gerade in Zeiten von Corona habe ich gemerkt, dass es mehr wert ist, als Gold, wenn ich mich live mit einem Menschen treffen darf, um Ideen auszutauschen.

Dieser Austausch lässt sich bestens für den Beruf brauchen (der idealerweise immer Berufung ist). Heisst konkret: Ich gebe dir Englisch-Stunden, heisst, ich gebe dir Können, Wissen und Zeit, wohingegen du mir bei der Planung meiner Selbstständigkeit hilfst, weil du dir Fertigkeiten auf diesem Gebiet angeeignet hast.

Warum funktioniert die Umgleichung von «Zeit ist Geld» in «Zeit als Geld(-währung)» nicht? Schliesslich ist es genauso Geld Wert, wenn nicht sogar mehr, wenn ich von jemandes Expertise profitieren darf und umgekehrt. Natürlich muss ein gegenseitiger Tausch vorhanden sein, damit die Umgleichung aufgeht. Wieder: Warum funktionieren immaterielle Güter wie Zeit und geistiges Eigentum nicht als Währung? Meine Überlegungen führen mich zu den Worten Jesu von Nazareth:

«Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.»

Matthäus 4,4

«Darum sollt ihr so beten: Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. […]»

Matthäus 6,9–11

Der Mensch lebt nicht vom Brot allein – im Unservater, dem Gebet, das Jesus seinen Jüngerinnen und Jüngern als Grundmuster eines Gebets beibringt, kommt das tägliche Brot als erste Bitte vor, die sich auf den Menschen bezieht. Das tägliche Brot – das Materielle, das wir zum Überleben brauchen, ist also grundlegend. Da wir unser tägliches Brot in den Industrieländern nicht selbst herstellen (was ich auch von keiner und keinem erwarte), ist es gleichzusetzen mit Geld. Erst mit vollem Bauch beschäftigt sich der menschliche Geist mit «mehr»: Mit der spirituellen Dimension des Lebens, mit dem «Woher» und «Wohin», dem Sinn seines Daseins und seiner Existenz.

Der Volksmund sagt, dass die gefährlichsten Leute diejenigen sind, die Hunger haben. Mit Menschen, die Hunger haben (in der Industrienation Schweiz ist das kein tödlicher), lässt sich nicht ein immaterieller Güteraustausch pflegen. Ihre Seele wird zwar genährt, ja, aber: Voraussetzung ist das täglich Brot. Ich habe letzthin so einen immateriellen Güteraustausch pflegen wollen, um dann doch einen Teil (immerhin: nur einen Teil mit grosszügigem Rabatt; dieser war auch mehr als gerechtfertigt!) mit Geld zu bezahlen. Eine weitere Gefahr dieser immateriellen Zusammenarbeit: Wenn keine klaren Abmachungen und Verträge bestehen (die ja eigentlich verhindert werden wollen, weil dieser bürokratische Kram einen Haufen Zeit und Energie kostet), besteht die Gefahr, dass jemand in dieser eigentlich so harmonischen Arbeitsgemeinschaft sich übergangen fühlt oder tatsächlich übergangen wird. Der positive Nebeneffekt: Man übt sich wieder einmal in der ganz täglichen zwischenmenschlichen Kommunikation, man verhandelt und streitet eben auch mal. Auf Papier lässt sich zwar alles regeln, aber auch alles abtöten, was Freiheit und eigenständigem Denken gleichkommt.

Kreative Arbeitsgemeinschaft? Auf jeden Fall. Am Besten mit Menschen, die ehrlich sind (auch ein wichtiger Wert, den ich vergessen habe, zu erwähnen) und ihre Vorratskammern gefüllt haben. Sicher hilft es längerfristig auch denjenigen mit leeren, wenn der geistige Austausch beruflich weiterhilft. Ich verstehe jedoch, dass Geld sich nicht in eine unbestimmte Zukunft verschieben lässt: Die Rechnungen gehören schliesslich bis Ende Monat bezahlt. Geld ist grundlegend für das Leben und Zusammenarbeiten, aber nicht nur. Dieses «nicht nur» geht über die reine Wirtschaftlichkeit hinaus und verleiht dem eigenen Leben Würze.

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