Kurzt-Tripp nach Prag. Mit dem Nachtzug hin. Eine Geschäftsfrau und ich teilen uns das Schlafabteil. Keine Rede von: «Und Du – reist Du allein?» Es werden auch keine Männer oder Partner erwähnt, die man zu Hause zurückgelassen hat, oder die einem in Prag erwarten, oder im falschen Schlafabteil gelandet sind. Wir tauschen uns über unsere Berufe aus und was wir geschäftlich oder privat in Prag vorhaben.

In Prag ist der erste Tag auch noch ganz okay, und auch da merke ich noch nicht, «dass mir etwas fehlt». Wohl auch, weil ich einen Bekannten besuchen gehe. Wir spazieren bei Sonnenschein über die Karlsbrücke, machen Fotos, er zeigt mir die Uni, für die er arbeitet.

Dann bin ich den Rest des Tages damit beschäftigt mit Essen, einem zweistündigen Besuch des kommunistischen Museums und dem Besuch verschiedenster Kirchen.

Am Abend treffen wir uns dann kurz noch auf einen Kaffee, bevor er zurück nach Hause fährt.

Ich gehe ins Hotel. Schon da ärgere ich mich, dass ich jetzt allein in diesem Riesen-Zimmer bin, und, wenn eine Begleitung da gewesen wäre, auch eine Freundin, dann hätte ich CHF 50.- sparen können. Wenn nicht jemand Befreundetes noch angerufen hätte, wäre der Abend ziemlich lang und einsam geworden. Allein in ein Restaurant gehen – mache ich nicht.

Tag zwei in Prag. Ich bin ehrlich gesagt ganz schön froh, dass ich weiss, dass ich am Abend wieder in den Nachtzug zurück nach Zürich steigen werde. Den Rest des Tages verbringe ich damit, in Kunstmuseen zu gehen. Echt cool: In Museum Nr. eins betrachte ich Bild-Kopien aus der Renaissance. In Museum Nr. zwei lerne ich einen tschechischen Maler aus dem 19. Jahrhundert kennen, Josef Mánes, eine komplexe Seele, der mir bis dahin völlig unbekannt gewesen war.

Bei der Rückreise im Nachtzug bin ich dann wieder – allein. Ein Pärchen steigt ein. Er sollte das Zimmer mit mir teilen, seine Freundin ist sichtlich unglücklich darüber, dass sie in einem anderen Schlafabteil gelandet ist. Ich stelle mich zur Verfügung, dass ich das Abteil wechseln würde, damit die beiden zusammensein können. Der Freund bekommt ganz leuchtende Augen, so froh ist er. Und da ist es wieder, dieses frustrierende Gefühl: Als Single irgendwie «förig», übrig geblieben zu sein. Dieses Gefühl, dass, wenn du allein in ein Café gehst, du einfach nur den Pärchen Platz wegnimmst. Obwohl, man kann auch zusammenrücken, und es entstehen spannende Gelegenheitsbegegnungen. Das Wort habe ich von Katja Kullmann gelernt, die das Single-Leben nach Jahren serieller Monogamie in «Die Singuläre Frau (2022)» beweint und besingt.

Meine Idee geht nicht auf, da ich nicht in ein Abteil als einzige Frau mit zwei Männern wechseln möchte. Also wechselt der Freund, während die Freundin und ich im selben Abteil landen. Die erste Frage, die sie mir stellt, ist: «Und Du, bist allein nach Prag gereist?» Danach steigt eine weitere Frau ein, der genau dasselbe passiert ist: Ihr Ehemann und sie müssen getrennt schlafen. Auch sie ist nicht erfreut darüber. Und ich verstehe nicht, was diese Pärchen haben: Die kleben doch eh schon die ganze Zeit aneinander, können die nicht mal für ne Nacht nicht beieinander sein? Wobei, vielleicht leben sie gar nicht zusammen, sehen sich nur am Wochenende, und weiss Gott nicht noch was für Optionen es gäbe, zu erklären, warum diese Pärchen sich nicht für ein Mal lösen können voneinander. Gut, sie sind in den Ferien, das könnte auch nochmals eine besondere Erfahrung sein… Als Dauer-Single kann ich auf jeden Fall nicht so recht nachvollziehen, dass man nicht auch mal froh sein kann, seinen eigenen Freiraum zu haben.

Am nächsten Morgen komme ich in Zürich an, wieder allein. Aber um einiges erleichtert, den Pärchen entkommen zu sein. Zu Hause wartet mein Wohnheim Villa Kunterbunt aus Einelternhaushalt, Menschen, die Abstand von ihren Partnerinnen und Partnern brauchen und Menschen wie mich, die einfach nur allein und die meiste Zeit zumindest ganz glücklich damit sind. Bis sie wieder einmal auf ihren Zustand aufmerksam gemacht werden und begreifen, dass wir zu grossen Teilen in einer Gesellschaft leben (die beiden Pärchen waren aus der Schweiz und Deutschland), welche die Zweier-Beziehung abfeiert und auch wirtschaftlich darauf ausgerichtet ist.

Und ja, die Eifersucht drückt natürlich auch hie und da durch, wenn ich diese Pärchen und ihre Dynamiken beobachte – das sollte im Text auch zur Genüge durchgedrungen sein!

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