Der Einstieg ins Berufsleben verlief für mich alles andere als einfach. Den sicheren Hafen der Uni zu verlassen tat weh. Viele Wege führen bekanntlich nach Rom und so habe auch ich während der letzten zwei Jahre mein täglich Brot verdient. Und verdiene es immer noch.

Trotzdem plagten mich zu Beginn viele Fragen. Ich präsentiere hier die Top Zwei und auch meine Auflösungen. Das heisst, die Fragen beschäftigen mich immer wieder mal, besonders die letzte. Aber ich versuche jetzt konstruktiver damit umzugehen:

Warum hast du kein Auslandsemester gemacht?

Mit der Vorstellung, dass vielleicht irgendjemand da draussen meine Begabungen und Talente besser anerkannt hätte, als hier in Zürich, vielleicht eine Professorin. Und: Ein Auslandaufenthalt steigert schliesslich die Berufs-Chancen massiv.

In den letzten zwei Jahren durfte ich beruflich nach Kambodscha und West-Afrika. Danke an meinen Arbeitgeber dafür. Das trägt sicherlich einiges zur Lebenslauf-Politur bei. Und zu sehen, dass Armut überall gleich aussieht, aus Sandstrassen und Shops mit China-Plastik besteht, war auch beeindruckend. Und macht demütig. Wir haben’s gut hier und vergleichen uns immer nach oben.

Und: Auch sonst ist der Zug noch nicht abgefahren. Vielleicht absolviere ich mal eine Weiterbildung im Ausland. Wer weiss.

Warum hast du nicht doktoriert?

Mit der Vorstellung, dass ich in der Fortsetzung der Uni einfach gut aufgehoben sein würde, mit meinem Intellekt, meiner Wissbegierde und autonomen Arbeiten. Nach meinem Abschluss musste ich erfahren, dass es verdammt weh tut, die komfortablen Arbeitsbedingungen von Mutter Universität zu verlassen. Da gab es plötzlich eine Zeiterfassung und den Druck, die Arbeit nicht in Projekte und Prozesse, sondern in Minuten zu bemessen. Ach, und wie ich die Uni mit ihrem ganzen Meer an fast kostenlosem Wissen (Semestergebühr: CHF 800.-) und Zugang dazu vermisse! Natürlich vermisse ich auch all die fachbezogenen Gespräche und den Austausch mit Studierenden und Dozierenden. Es tut mir jetzt schon hie und da weh in der Seele, dass ich das Gefühl habe, selten ein intelligentes Gespräch im Alltag zu führen. Und ja: Am Ende frage ich mich oft, was es ist, was mich nicht zu diesem Schritt geführt hat. Zu wenig Ehrgeiz? Zu wenig Networking? Bin ich weniger intelligent, als andere? Besonders diese letzte Frage tut weh. Natürlich weiss ich, dass es nicht nur um Intelligenz geht, sondern auch darum, wo man sich am meisten investiert und am besten aufgehoben ist.

Und: Für die Uni gibt es in meinem Leben ein Come-Back. Ab August beginne ich eine Stelle als Religionslehrerin am Gymnasium und hole das Lehrdiplom-Studium nach. Und wer weiss: vielleicht wird es ja noch etwas mit dem Doktorieren. Mit zwölf habe ich nämlich in mein Tagebuch geschrieben, dass ich Professorin werden will… natürlich gab es da noch andere Berufe wie Schauspielerin und Psychiaterin. Irgendeinmal muss man sich entscheiden, Professorin kann ich noch werden.

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